Freitag, 20. Januar 2012

Greenpeace Schweiz: Integrierte Kampagne "David werden"




Ist eine Zeitung? Ist es ein Kunstwerk? Ist es Altpapier? Ja und Nein, es ist ein Mailing...

Und zwar das neue von Greenpeace Schweiz, neueste Werbemassnahme der integrierten "David Werden" Kampagne, welches laut persoenlich.com an 260.000 Adressen versendet wird (sowohl bestehende als auch neue Spender). Sie greift wichtige Greenpeace-Themen auf und bestückt diese mit interessanten Illustrationen des Künstlers Anatolji Pickmann (siehe unten).

Greenpeace Schweiz gibt allgemein extrem Stoff, was Werbung und Akquise angeht - gestern habe ich den TV-Spot gesehen, heute war auch wieder eines dieser mittelmässig-spannenden ganzseitigen Inserate in der 20 Minuten ("Jetzt werden alle David"). Hier der TV-Spot, weiter unten meine Einschätzung dazu:


Ich weiss nicht, was ihr von dieser ganzen "David werden"-Geschichte haltet - für mich ist weder die Idee neu noch fühle ich mich durch die Umsetzung irgendwie zum Aktivismus ermutigt. Der zentrale Call-to-Action lautet "Werde David - nimm am Gewinnspiel auf david-werden.ch teil und gewinne eines von drei E-Bikes"...äääh, wie un-aktivistisch ist das denn? Was hat das blöde Gewinnspiel mit Goliaths bekämpfen zu tun? Da ist der Greenpeace-Kern zurecht über die zu starke Marketing-Ausrichtung frustriert. Sowohl im Web wie auch auf den Zeichnungen im Mailing wird den willigen Davids kein Weg aufgezeigt, wie er jetzt aktiv gegen die Goliaths kämpfen kann...

In diesem Sinne: Bleibt wer ihr seid!
Christoph




5 Kommentare:

  1. Bin einverstanden mit deiner Einschätzung, dass die Marketing-Flut in diesem Fall für viele BasisaktivistInnen zuviel des Guten gewesen sein muss. Ebenso halte ich das Gewinnspiel für keine gute (oder zumindest keine glaubwürdige) Idee.

    Die Grundidee (du bist vielleicht klein, aber du kannst ein grosser Kleiner sein) finde ich zwar gut, aber der Call to Action verhallt auch bei mir ungehört, weil ich aus dem Spot und den anderen Materialien zuwenig rauslesen kann, wie ich mir denn meine Steinschleuder bastle und wohin ich denn nun konkret damit zielen soll.

    Vielleicht war es das Ziel, möglichst viele Leute für den (spannend klingenden) Ausbildungskurs zu motivieren - aber dann müsste der Link auf der Landing Page wohl direkter sein.

    Die eigentliche Frage ist aber für mich, ob das Fragezeichen, das die David-Kampagne hinterlässt, an der "handwerklichen" Umsetzung liegt, oder ob hier unabhängig von der konkreten Kampagne das Marketing einfach zu viel Gewicht bekommt und die Glaubwürdigkeit der Organisation darunter langsam zu leider beginnt.

    Eine Antwort auf diese Frage habe ich allerdings nicht parat :)

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  2. Oh, da ist er wieder der Versuch die eierlegende Wollmichsau zu kreieren. Wenn ich nach dem sicher gut umgesetzten Spot auf die angegebene Seite gehe, kann ich:

    Newsletter bestellen,
    Spenden
    an einem Lehrgang teilnehmen
    Böse Unternehmen vorschlagen
    ... habe ich was vergessen?

    Es ist sicher löblich mit seinem Kommunikationsbudget viel erreichen zu wollen, aber so erzielt man doch eher das Gegenteil.
    Für mich ist das vom Claim her eindeutig eine Kampagne für Ehrenamtliche und Mitmachangebote. Zuviele Angebote sind Mitmachverhinderer - man muß sich entscheiden und das ist unbequem für potentielle Stakeholder. Hinter David gegen Goliath hätte ich schon auf der Startseite auch mehr knackiges Storytelling erwartet. Stories hat Greenpeace doch genug! Davon will man doch Teil sein! Das ist mir auf der Seite alles zu versteckt.
    Insgesamt Schade.

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  3. Na jetzt muss ich doch noch ein wenig Gegengewicht geben hier. Ich bin durchaus damit einverstanden, was ihr über die Aktivierung sagt etc. ABER wer weiss, vielleicht ist ja gerade dieser völlig andere Ansatz doch auch mal erfrischend. So, wie mir das entgegenkommt, wollte man hier mal etwas "ganz anderes" ausprobieren - das ist doch ein mutiger Schritt, zu dem ich mal ganz grundsätzlich gratuliere. Ich bin sehr gespannt, später über die Erfahrungen zu hören - konnte womöglich gerade mit diesem niederschwelligen Ansatz eine Menge Leute, die man mit anderem Vorgehen nicht erreicht hätte, für eine erste Spender-/Interessenten-Beziehung gewonnen werden?

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  4. Erstmal vielen vielen vielen Dank an Euch drei für Eure hochwertigen und detaillierten Kommentare!

    @Matthias: zu deiner Frage ob Handwerk oder zuviel Marketing-Gewichtung: Ich würde hier sehr deutlich aufs Handwerk plädieren. Greenpeace Kerngeschäft sind öffentlichkeitswirksame Kampagnen, um Konzerne unter Druck zu setzen und zu Verhaltensveränderungen zu bewegen. Und das natürlich mit der Unterstützung vieler Davids. Nur sehe ich, wie auch von Mattias D. angemerkt, bei dieser Marketing-Kampagne einfach nicht wie ich selbst denn jetzt die Steinschleuder benutzen kann. Die Kampagne scheint mir einfach nicht zu Ende gedacht...

    @Matthias D.: Bin voll bei dir bezüglich unklare Führung und dem fehlenden Storytelling.

    @Silvio: Wie genau meinst du, dass man mit diesem "Ansatz" eine Menge neuer Leute erreichen könnte? Was ragt für dich heraus? Bin sehr gespannt über deine Antwort.

    Vielen Dank noch einmal - ich weiss dass ausführliche Kommentare alles andere als selbstverständlich sind.

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  5. Hab gerade die anzeige aus der 20 min decodiert, womit man auf http://david-werden.ch/ kommt. Hat mich in meiner pro-haltung bestätigt, ich meine, mittlerweile ist einiges von eurer kritik realisiert worden (klarheit, wer ist goliath, ...)
    Mir gefällt der Ansatz je länge je besser. Interessant, dass ausdrücklich steht, es gehe nicht darum, Spender zu werden, sondern schon einfache Beteiligungen wie z.B. Public-Eye award-abstimmungen seien ein wichtiger Beitrag. Ebendies meine ich von wegen niederschwelliger Ansatz, der evtl. neue Leute erreicht. Und die verbindung zum Motiv passt in dek Zusammenhang doch auch prima: der Kampf David gegen Goliath ist wohl ein in breiten Bevölkerungsschichten sehr stark verankertes und positiv bewertetes Motiv, da fühlt sich in Zeiten von Wirtschaftskriese und Euro-Untergangsstimmung doch wirklich jeder als David vor undurschaubaren Goliaths.

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